Zwischen Treptower Park und Schloß Charlottenburg sieht die Stadt vom Rad ganz anders aus
Der Landwehrkanal ist zwar ein Schifffahrtskanal, wir wollen ihn jedoch mit dem Fahrrad „erobern“ und radeln einen zirka 27 Kilometer langen Abschnitt durch die Ortsteile Kreuzberg, Neukölln, Tiergarten und Charlottenburg.
Wir starten die Tour am S-Bahnhof Treptower Park und folgen nach dem Ausgang links der Elsenstraße bis zur Puschkinallee. Dort biegen wir rechts ab und stehen ein paar hundert Meter weiter auf der Freiarchenbrücke mit Blick auf Flutgraben und Lohmühleninsel. Vorher haben wir noch einen Blick auf einen der letzten erhaltenen Wachtürme auf ehemaligem DDR-Grenzgebiet werfen können. Der Flutgraben bildet die Grenze zwischen den Ortsteilen Kreuzberg und Alt-Treptow und war somit während der deutschen Teilung Bestandteil der innerdeutschen Grenze zwischen West- und Ostberlin. Zwischen Landwehrkanal, Spree und Flutgraben reihen sich auf der Insel Cafés und Clubs aneinander, die auf den ersten Blick wenig einladend ausschauen und ein bisschen verwegen wirken. Doch in den Lokalen und Hütten am grünen Ufer des Flutgrabens, auf Holzterrassen gebaut direkt über dem glitzernden Wasser, erwacht am Abend das pulsierende Berliner Leben.
Wir überqueren nun den Landwehrkanal und setzen unseren Weg in westlicher Richtung (links) fort und erreichen schon bald das Görlitzer Ufer. Vor dem Paul-Linke-Ufer lädt ein Biergarten zur Rast ein, danach müssen wir mehrmals viel befahrene Straßen überqueren, um dann wieder auf ruhigen, schattigen Rad- und Fußwegen in die Pedale treten zu können. Wir sind jetzt schon mittendrin in Kreuzberg und sehen gegenüber dem Kanal das Maybachufer. Dort findet am Wochenende der legendäre „Türkenmarkt“ statt. Wir bleiben aber auf dem Paul-Linke-Ufer und kommen, direkt am Radweg, am „Bouledrom“ vorbei. Hier wird fast täglich, besonders nach Feierabend mit einem Gläschen Wein in der einen Hand und dem „Schweinchen“ in der anderen Hand, Boule gespielt. Der französische Nationalsport hat schon lange in Berlin Einzug gehalten.
Sehr lebhaft und verkehrsreich wird es an der Kottbusser Brücke, die überquert werden muss, um das Fraenkelufer zu erreichen. An der Admiralstraße haben wir die Möglichkeit das Ufer zu wechseln, um am Planufer unsere Fahrt fortzusetzen. War der Weg vorher oft eng und beschwerlich, so lohnt ein Halt in Höhe des Urbankrankenhauses, um die weite Fläche mit Wiese und Weiden zu genießen. Im Sommer tummeln sich hier zahlreiche Einheimische und Touristen am Ufer des Kanals, beobachten die vielen weißen Schwäne und genießen die warmen Sonnenstrahlen. An der nächsten Brücke wechseln wir wieder das Ufer, hören Kinderlärm aus dem Sommerbad Kreuzberg und fahren an der Alexandrinenstraße wieder auf die linke Kanalseite.
Über die Zossener- und Lindenstraße suchen wir uns den Weg nach ein paar Ampelschaltungen auf die Gitschiner Straße.
Der direkte Uferweg ist vorerst vorbei, dichter Verkehr begleitet uns am Halleschen Ufer. Wir fahren parallel zur U-Bahn der Linie 1, die hier als Hochbahn zwischen dem Kudamm und der Warschauer Brücke pendelt. Hinter der Möckernbrücke hängt unübersehbar auf der gegenüberliegenden Kanalseite ein Flugzeug in der Luft. Wahrzeichen für das Deutsche Technikmuseum. Wir bleiben aber weiter auf dem Halleschen Ufer (B 96), am Mendelsohn-Bartholdy-Park vorbei und sehen schon bald die Hochhäuser vom Potsdamer Platz. Auf der Straße Reichpietschufer pulsiert zwar das geschäftliche Stadtleben, wir können zum Glück aber wieder einen durchgängigen Radweg benutzen und entspannt an der Neuen Nationalgalerie, am Wissenschaftszentrum und am Bundesministerium der Verteidigung vorbeiradeln.
Kurz hinter der Körbisstraße schwenken wir wieder direkt an das Kanalufer. Auf dem Herkulesufer befindet sich das Bauhaus-Archiv-Museum, für das leider keine Zeit bleibt. Auch für die Vorsitzende der CDU bleibt keine Zeit, wir radeln einfach an der CDU-Bundeszentrale vorbei und kommen so auf die Corneliusstraße. Es wird wieder ruhiger und beschaulicher am Landwehrkanal. Durch einen Zaun sieht man „Wilde Tiere“. Wir sind am Zoologischen Garten und tauchen ein in den Tiergarten. Es ist der artenreichste Zoo der Welt und der erste Tiergarten Deutschlands. Seit 1844 lässt der Zoo Berlin seine Besucher täglich aufs Neue staunen. Über 18.600 Tiere aus rund 1.400 Arten leben im 33 Hektar großen Zoo.
Der Tiergarten ist die grüne Lunge Berlins. Zwischen Potsdamer Platz und Regierungsviertel, dem Brandenburger Tor und Bahnhof Zoo bietet der Park mit seinen großen Wiesen und Seen viel Raum für Erholung, Sport und Freizeit. Am Schleusenkrug befindet sich ein großer schattiger Biergarten, der Lust auf Pause macht. Es lässt sich hier anschaulich beobachten wie eine Schleuse funktioniert, wenn die Touristenschiffe von ihrer Rundfahrt auf Spree und Kanal den Höhenunterschied ausgleichen müssen. Auf der Straße des 17. Juni (mit Blick auf die Siegessäule) überqueren wir wieder den Kanal, um sogleich hinter der Brücke rechts in das Einsteinufer einzubiegen. Auf dem letzten Stück unserer Tour geht es wieder beschaulich zu, ein breiter Radweg bringt uns zum Spreekreuz Charlottenburg, wo der Landwehrkanal in die Spree mündet. Unter der Röntgenbrücke hindurch bleiben wir aber noch ein Stück auf der linken Spreeseite, um den Schlossgarten vom Schloss Charlottenburg einen Besuch abzustatten. Gerade im Sommer blüht und duftet es dort an allen Stellen im weitläufigen Gelände. Wir umrunden das Schloss und biegen rechts auf den Spandauer Damm ein, der uns bis zum S-Bahnhof Westend bringt.
Text und Fotos: Klaus Tolkmitt, Foto von oben nach unten: Admiralsbrücke, der Flutgraben mit Cafes und Clubs, der Landwehrkanal am Maybachufer, das Urbankrankenhaus, das Deutsche Technikmuseum, im Tiergarten, Gartenanlage Schloß Charlottenburg.