Stadtspaziergang durch das Bötzowviertel
Wir beginnen unseren Stadtspaziergang an der Straßenbahnhaltestelle Prenzlauer Allee/Mollstraße und blicken sogleich auf ein großes Gebäude, dass dominant den Platz beherrscht. Es ist das ehemalige Kaufhaus Jonaß, in den Jahren 1928/29 errichtet. Zu DDR-Zeiten war es bis 1959 die Zentrale der SED, danach das Institut für Marxismus-Leninismus. Heute ist das sanierte Haus eine Dependance des Soho-Hauses. Hier nächtigen die „Schönen und die Reichen“, vorausgesetzt sie gehören als Mitglied dem Privatclub an.
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Ein paar Schritte weiter auf der Prenzlauer Allee entlang steht man linker Hand vor der ehemaligen Backfabrik der Gebrüder Aschinger aus den Anfängen des 20. Jahrhunderts. Während sich in dem sanierten Block Künstler niedergelassen haben, steht die ehemalige Bötzow-Brauerei leer und trostlos auf einer Anhöhe. Sie war einst eine der größten Privatbrauereien Berlins.
200 Meter weiter biegen wir rechts in die Heinrich-Roller-Straße ein und werfen einen Blick in den Leisepark. Früher ein Friedhof, wird er heute vorwiegend als Erholungspark von Anwohnern genutzt. Nun kommen wir, wenn wir links in die Winsstraße einbiegen in das eigentliche Wins- und Bötzowviertel. Hier sind die Urbewohner des Prenzlauer Berges ansässig. Hier stehen auch die ersten sanierten Gründerzeithäuser, die uns auf unserem weiteren Spaziergang noch häufiger begegnen werden. Am Haus Nr. 63 ist eine Erinnerungstafel angebracht, auf der zu lesen ist, dass hier der beliebte Quizmaster Hans Rosenthal von 1925 bis 1941 lebte. Er wuchs in einer jüdischen Familie auf und erlebte als Kind die wachsende antisemitische Verfolgung durch den Nationalsozialismus.
Bekannt wurde Rosenthal durch die Moderation der ZDF-Sendung Dalli Dalli und seine wiederkehrende Frage an das Publikum „Sie sind der Meinung, das war …? Spitze !!"
An der Marienburger Straße biegen wir rechts ab und überqueren die Greifswalder Straße, um auf der Hufelandstraße weiterzuschlendern.
Christopf Wilhelm Hufeland war Hofrat und Leibmedikus in Weimar. Zu seinen Patienten zählten Johann Wolfgang von Goethe, Friedrich Schiller, Johann Gottfried von Herder und Christoph Martin Wieland, die er in der Zeit in Weimar als Hofarzt kennenlernte und die dazu beitrugen, dass er der Reformator des Gesundheitswesens werden konnte. Das Grab von Christoph Wilhelm Hufeland ist auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof in Berlin.
Wie hier in der Hufelandstraße, mit den sanierten Altbauten in den Jugendstilfassaden, finden wir im gesamten Viertel wunderschöne Häuser, vor denen Cafés und Restaurants zum Verweilen einladen. Kleine Läden bieten ausgesuchte Waren an und machen den Spaziergang zu einer Einkaufstour.
An der Bötzowstraße laufen wir links weiter, um an den Arnswalder Platz zu kommen. Hier dominiert die Anlage ein riesiger Stier-Brunnen, den der Hamburger Bildhauer Hugo Lederer geschaffen hat.
Über die Hans-Otto-Straße geht die Tour zurück. Am Friedrichshain/Ecke Bötzowstraße steht das denkmalgeschützte „Filmtheater am Friedrichshain“. Im Februar 1925 wurde das Kino mit einer Aufführung des kurz zuvor erschienenen Films Aschermittwoch u. a. mit Adele Sandrock eröffnet. Das Kino fasste 1200 Besucher und besaß den für die Stummfilmzeit typischen Orchestergraben. In den 1930er Jahren übernahm die UFA das Kino und benannte es in Ufa-Theater-Friedrichshain um. Das große Lichtspieltheater wurde nun für die Propagandafilme der NS-Zeit genutzt.
1957 wurde das inzwischen volkseigene Kino durch die VEB Berliner Filmtheater baulich verändert. Durch Einbau von Treppen im Bühnenbereich verkürzte sich der Saal, so dass schließlich nur noch 250 Plätze vorhanden waren.
Nach der Wende stand das Kino einige Jahre leer und der Abriss drohte. 1995 kaufte der Regisseur Michael Verhoeven das Gebäude von der Treuhand und ließ es zusammen mit der Yorck Kino GmbH renovieren und umbauen. Die Fassade wurde dabei wieder gemäß dem ursprünglichen Bauzustand hergestellt, im Inneren entstanden jedoch aus dem ehemals großen Saal fünf kleinere, individuell gestaltete Filmsäle.
Nach rund vier Kilometer geht hier der Rundgang zu Ende. Die Strecke ist gemütlich in zweieinhalb Stunden zu schaffen, sei denn man kehrt noch in eines der zahlreichen Restaurants im Bötzowviertel ein. Quelle: Wikipedia, Text und Fotos © Klaus Tolkmitt