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Denkmalgeschütztes Krankenhaus „zerbröselt“

Spaziergang über Bäume und Ruinen

Keine Autostunde von Berlin, an der Autobahn A9 Richtung Leipzig, liegt in einem riesigen Park- und Waldgelände in Beelitz-Heilstätten ein gigantischer Krankenhauskomplex, der leider dem Verfall ausgeliefert ist. Wer die unter Bäumen und Büschen versteckten Häuser findet, glaubt kaum, dass hier einmal ein Vorzeige-Krankenhaus gestanden hat. Die Gebäude verfallen, die Wände sind mit Graffiti überzogen, die Fenster entweder vernagelt oder eingeworfen. Von den Wänden bröckelt der Putz, die Dächer sind teilweise eingefallen oder es wachsen Bäume auf ihnen und alles wirkt unwirklich und gespenstisch.

Dabei war die Anlage zu Ende des 19. Jahrhunderts mustergültig und zeigt mit welchem sozialen Engagement und medizinischem Aufwand gegen die Tuberkulose als die verheerende Volkskrankheit vorgegangen wurde. Der Standort bei Beelitz bot neben der sehr guten Anbindung an Berlin und das Potsdamer Umland aufgrund seiner Lage in einem ausgedehnten Waldgebiet, ruhig und windgeschützt mit einer rauch- und staubfreien Luft, die notwendigen klimatischen Voraussetzungen für die Versorgung der Patienten.

Die "Arbeiter-Lungenheilstätten“ bestehen aus 60 Häusern und wurden von der Landesversicherungsanstalt Berlin (LVA) in der Zeit von 1898 bis 1930 errichtet. Die zunächst auf 600 Betten ausgelegte Anlage war mit ihren Versorgungs- und Nebengebäuden von Beginn an auf die bis zu dreifache Patientenzahl ausgerichtet und dimensioniert. In der zweiten Bauphase von 1905 bis 1908 wurde den beiden Lungenheilstätten im Norden je ein weiteres Gebäude mit 300 Betten gegenübergestellt. Es gab dann 1.200 Betten.

Im 1. Weltkrieg bezog erstmals das Militär die Beelitzer Heilstätten. Die Sanatorien wurden als Lazarett durch das Rote Kreuz genutzt, der übrige Teil fungierte als Militärlungenheilstätte. Bis 1919 wurden mehr als 12.500 Soldaten in Beelitz verpflegt. Die dritte Bauperiode von 1926 bis 1930 umfasste vor allem den Neubau der Zentralwäscherei und des Chirurgie-Pavillons auf dem Gebiet der Lungenheilstätte für Frauen. Der Neubau und Betrieb der Chirurgie folgten der medizinisch-technischen Orientierung jener Zeit, bei der chirurgische Eingriffe als notwendige und zukunftsbedeutsame Behandlungsformen angesehen wurden. Die Lungenchirurgie wurde jedoch durch die rasch aufkommende Chemotherapie der Tuberkulose weitgehend abgelöst. Während des 2. Weltkrieges dienten die Heilstätten wieder dem Militär als Lazarett. Durch Kriegseinwirkungen wurden viele Gebäude schwer beschädigt.

Die Heilstätten wurden nach 1945 militärisches Sperrgebiet und beherbergten das größte Militärhospital der sowjetischen Armee außerhalb des eigenen Territoriums. Es war auch ab Dezember 1990 der Aufenthaltsort des an Leberkrebs erkrankten Erich Honecker, bevor er und seine Frau Margot am 13. März 1991 nach Moskau ausgeflogen wurden.

Eine neue Zeit begann mit der Rückübertragung des Geländes nach der Wende. Im Jahr 1997 wurde das Gebäude der ehemaligen Lungenheilstätte für Männer rekonstruiert und mit dem Betrieb eines Gesundheitsparks, bestehend aus einer neurologischen Rehabilitationsklinik und einer Klinik für angewandte Immunologie, begonnen. Als Folge der Insolvenz der Eigentümergesellschaft im Jahr 2001 ist die weitere Neunutzung des übrigen Geländes inzwischen ins Stocken geraten. Auch die Sanierung der Denkmalsubstanz wurde weitgehend eingestellt. Ein großer Teil der Anlage verfällt inzwischen und ist vom Vandalismus stark beschädigt.

Derzeit laufen die Planungen für eine erneute Nutzung im ursprünglichen Sinne von Gesundheit und Wohnen. Die Mischung aus ungewöhnlicher Architektur und Verfall macht die Heilstätten zu einem beliebten Motiv für Filmproduktionen. Neben zahlreichen Fernsehproduktionen wurden auch Teile von Polanskis Der Pianist, Wolfgang Beckers Krankes Haus, Operation Walküre mit Tom Cruise, Men & Chicken mit Mads Mikkelsen und anderer Spielfilme in den Heilstätten gedreht. Im September 2015 wurde auf dem Gelände der erste Baumkronenpfad in Brandenburg eröffnet. Er ist 320 Meter lang, bis zu 23 Meter hoch und überquert die mit Bäumen bewachsene Ruine des 1944 ausgebrannten „Alpenhauses“ Der Zugang zu den Baumkronen erfolgt von der Plattform eines 36 Meter hohen Aussichtsturms. Quelle: Wikipedia, Baum & Zeit, Text und Fotos: Klaus Tolkmitt

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