Eine lebendige Stadt mit großer Geschichte
Die Prignitz ist eine historische Landschaft im Nordwesten des Landes Brandenburg, die geprägt ist durch Ackerbau, Wälder und Heidelandschaft. Unter den sechs Kleinstädten gelten Wittenberge und Wittstock/Dosse als die größten Orte. Perleberg übt in der Prignitz traditionell eine Verwaltungsfunktion aus – heute Kreisstadt des Landkreises Prignitz.
Wir wollen uns die Kreisstadt ein wenig näher ansehen und müssen feststellen, die Narben der Nachkriegszeit und der DDR sind weitestgehend „verheilt“, wenn auch hier und da marode Gebäude das Bild der Altstadt ein wenig trüben. Perleberg hat einen unzerstörten historischen Stadtkern mit reicher Baukultur aus acht Jahrhunderten. Als ehemalige Hansestadt und Rolandstandort waren der Stadt Privilegien und Wohlstand zuteil geworden, die noch heute sichtbar sind.
Vom Bahnhof läuft man zirka 8 Minuten und steht auf der Brücke über die Stepenitz. Unser Blick fällt auf das alte Union-Theater, ein Kino von 1930. Ein paar Meter weiter stehen wir auf dem Schuhmarkt. Hier beginnt rechts die Bäckerstraße, eine verkehrsberuhigte Einkaufsstraße. Wir laufen wieder bis zur Stepenitz und biegen links in den „Hagen“ ein, Perlebergs Promenade und Freizeitoase. Ein schöner Rad- und Fußweg entlang des Flüsschens zeigt uns die Stadt außerhalb der Stadtmauer. Die steinerne Mauer ist vermutlich im 14. Jahrhundert entstanden und bildete einen imposanten Mauerring mit 32 Wachtürmen. Leider sind Türme und große Teile der Stadtmauer nicht mehr erhalten.
An der „Pferdeschwemme“, Anlegestelle für Kahnfahrten, biegen wir links in die Parchimer Straße und gelangen nach kurzer Zeit auf den Judenhof. Archäologische Funde bestätigen, bereits seit der Gründung der Stadt waren hier Juden ansässig. Damals war dieser Ort ein religiöses Zentrum mit einer mittelalterlichen Synagoge. Der Perleberger Kulturverein bemüht sich seit einigen Jahren, die Geschichte aufzuarbeiten und hat inzwischen ein Informationszentrum an der Kulturstätte eröffnet. Wir gehen die Parchimer Straße noch einmal ein paar Meter zurück und biegen in die Straße am Hohen Ende ein. Hier steht das ehemalige Post- und Telegrafenamt. Der prachtvolle Backsteinbau wurde als „Kaiserliches Postamt“ 1894 fertiggestellt. Über die Poststraße kommen wir zum Großen Markt, mit Rathaus, St.-Jacobi-Kirche und dem Roland.
Der Roland, eine Sandsteinstatue aus dem 16. Jahrhundert, gibt Zeugnis von der Unabhängigkeit von Landesherren und bezeugt eigene Stadt-, Markt-, Stapel- und Handelsrechte. 1347 wurde das Rathaus erstmals erwähnt. Im Jahr 1420 wurde hier der „Perleberger Frieden“ zwischen dem brandenburgischen Kurfürsten und Vertretern der Nachbargebiete geschlossen. Der heutige Trausaal war damals eine offene Gerichtslaube und in der ehemaligen Rats- und Schöppenstube tagen auch heute noch die gewählten Volksvertreter. Durch Umbauten in den letzten Jahrhunderten sieht man dem Rathaus die Architektur der Gotik und Neugotik an. Die St. Jakobikirche ist eine dreischiffige gotische Hallenkirche, die ab 1294 in drei Abschnitten errichtet wurde. Nachdem Friedrich August Stüler, der preußische Baumeister aus Berlin, das Gotteshaus 1851 restaurierte, ist im Inneren der Kirche vom ursprünglichen Baustil leider nicht mehr viel zu sehen.
Durch die Schulgasse kommen wir in den stadthistorischen Malerwinkel. Gleich mehrere liebevoll restaurierte Fachwerkhäuser bilden im Einklang mit der Stadtmauer ein sehenswertes Ensemble in der Perleberger Altstadt. Nach rund 2 Stunden beenden wir unseren Stadtrundgang an der Wittenberger Straße. Auf dieser stadtauswärts führenden Straße gelangen wir wieder zum Bahnhof. Text und Fotos Klaus Tolkmitt
Fotos von oben nach unten:
Der Große Markt mit Roland-Statue, die Bäckerstraße, das Postamt, das Rathaus und die St. Jakobikirche und die Altstadthäuser am Markt.